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Experteninterview zu den 3 großen Krankheitsbildern Arthrose, Bandscheibenvorfall und Kalkschulter

Heute spreche ich mir Dr. Marc Ebner zu den 3 großen Krankheitsbildern Arthrose, Bandscheibenvorfall und Kalkschulter. Er wird uns erklären, welche Symptome bei diesen  Volkskrankheiten auftreten, wo die Ursachen liegen und welche Therapien sinnvoll sind.

Marie Benders (Patientin)

 

Herr Dr. Ebner, eines der großen Krankheitsbilder ist die Arthrose. Wie entsteht sie eigentlich?

Die Arthrose entsteht in erster Linie durch den altersbedingten Verschleiß der Gelenkknorpel zwischen den Knochen. Tatsächlich sind mehr Frauen (meist nach ihrer Menopause) als Männer davon betroffen. Aber auch Verletzungen, Übergewicht und Fehlbildungen im Gelenk können Ursachen für eine Arthrose sein. Weiterhin spielen genetisch Veranlagungen und bakteriell verursachte Gelenkinfektionen eine Rolle bei der Ausbildung einer Arthrose. 

Man unterscheidet 4 verschiedene Stadien der Arthrose, angefangen von der leichten bis hin zur sehr schweren Arthrose. Wenn Sie sich mehr dafür interessieren, erklären wir hier diese 4 Stadien genauer. Eine Arthrose kann nicht vollständig geheilt werden, aber es gibt gute Wege, sie aufzuhalten.

Welche Gelenke sind meistens von Arthrose betroffen und was hilft bei der Linderung der Schmerzen?

Meistens sind die „großen“ Gelenke von der Arthrose betroffen, da hier das höchste Gewicht wirkt. Dazu gehören die Hüfte und die Knie. Allerdings können auch Wirbelsäule und Schultergelenk von der Arthrose betroffen sein. Wie eine Arthrosetherapie aussieht, erfahren Sie hier.

Spielt die Ernährung bei der Vorbeugung und Therapie von Arthrose eine Rolle?

Sie müssen bedenken, dass Ihre Ernährung zwar eine gute Vorbeugung gegen Arthrose ist, jedoch keine Therapie. Und sie verhindert den Ausbruch einer Arthrose auch nicht. Sorgen Sie für einen hohen Vitamin-D-Spiegel, um eine mögliche Arthrose so lange wie möglich hinauszuzögern. Letztlich ist Bewegung das A und O. Die Formel ist recht einfach: Je besser Ihre Muskeln ausgebildet sind, desto weniger werden Ihre Gelenke belastet. Je weniger Ihre Gelenke belastet werden, desto niedriger ist das Risiko für eine Arthrose.

Können moderne bildgebende Verfahren dazu beitragen, eine mögliche Arthrose frühzeitig zu erkennen?

Ja. Mit einer Röntgenuntersuchung sind Arthrose-Erscheinungen gut zu erkennen. Für eine sehr genaue Diagnostik beziehungsweise zur Erkennung einer Arthrose im Anfangsstadium unterstützt das MRT (Magnetresonanztherapie).

Kann man als Patient tatsächlich den Zusammenhang zwischen Arthrose und Wetterveränderungen fühlen?

Wissenschaftliche Beweise gibt es dafür wenig bis gar nicht. Bei Wetterumschwüngen von warm auf kalt berichten Patienten allerdings oft von einer Reizreaktion im Gelenk. In wärmeren Ländern treten übrigens weniger Gelenksbeschwerden auf als bei uns in Mitteleuropa.

Sprechen wir über das 2. große Krankheitsbild – den Bandscheibenvorfall. Welche Bandscheiben sind am häufigsten betroffen und wie äußern sich diese Schmerzen?

Am häufigsten ist die Lendenwirbelsäule von Bandscheibenvorfällen betroffen, denn dieser Teil der Wirbelsäule trägt die höchste Gewichtslast. Gleich darauf folgen die Bandscheibenvorfälle in der Halswirbelsäule. Grund hierfür ist die hohe Bewegungsfreiheit in diesem Bereich.

Meist spüren Patienten mit einem Bandscheibenvorfall stechende Schmerzen im Bereich der betroffenen Bandscheibe. In der Gegend der Lenden äußern sie sich vor allem beim Bücken oder Heben. Außerdem berichten Bandscheibenvorfall-Patienten von sogenannten „ausstrahlende Schmerzen“ in Arme und Beine, da die Bandscheibe oft auf einen Nerv drückt. Man spricht auch von einem radikulärem Schmerz (entlang des Nervs). Verbunden damit äußern sich motorische Schwäche und Taubheit. Es kann weiterhin zum Sensibilitätsverlusten kommen. Bei besonders schweren Bandscheibenvorfällen (neurologische Notfälle) kann Inkontinenz auftreten.

Bei einem Halswirbelsäulen-Bandscheibenvorfall spüren Patienten – neben Bewegungseinschränkungen – Schmerzen im Hals, am Hinterkopf sowie im Nacken- und Schulter-Arm-Bereich. Auch Schwindel und Tinnitus können auftreten. Im hartnäckigen Fällen kann es zur Versteifung des Halses oder kurzzeitigen Schiefstellungen kommen.

Husten und Niesen können bei allen Bandscheibenvorfällen Schmerzen hervorrufen.

Gibt es Unterschiede bei der Behandlung eines akuten Bandscheibenvorfalls und der eines chronischen?

Bei einem akuten Bandscheibenvorfall arbeiten wir mit Kortison-Spritzen, Schmerzinfusionen und der klassischen Schmerztherapie. Chronische Bandscheibenvorfälle behandeln wir mit einer begleitenden und auf Sie als Patienten abgestimmten Physiotherapie zum Muskelaufbau und stellen Ihre individuelle Schmerzindikation ein.

Wie stehen Sie zu nicht-chirurgische Behandlungen bei einem Bandscheibenvorfall?

Ich vertrete den Ansatz der konservativen Therapiemethoden. Will heißen, im Gegensatz zu zahlreichen anderen Ärzten deutschlandweit rate ich bei einem Bandscheibenvorfall nur in den wenigsten Fällen zu einer Operation. In unserer Praxis schöpfen wir zunächst alle konservativen Behandlungsmethoden aus. Viele Patienten glauben, mit einer Operation haben sich die Schmerzen erledigt. Das ist nicht so. Meist beginnt erst danach die orthopädische Behandlung, die oft 6-8 Monate andauert. Insofern raten wir den meisten Patienten nach ihrer spezifischen Diagnose zu Infusions– und Stoßwellentherapien, die Teil unserer gesamtheitlichen orthopädischen Schmerztherapie sind. Neben Schmerzmittel-Infusionen legen wir größten Wert auf eine begleitende Physiotherapie zur Stärkung des Muskelapparats rund um die gesamte Wirbelsäule. Die Physiotherapie-Praxis Bomi, mit der wir sehr eng zusammenarbeiten, hat ihre Praxis übrigens im gleichen Haus wie unsere Privatpraxis in Frankfurt Sachsenhausen.  

Gibt es Risiken, die die Wahrscheinlichkeit eines Bandscheibenvorfalls erhöhen?

Neben genetischen Vorbelastungen, die einen Bandscheibenvorfall begünstigen können, sind es vor allem berufliche und alltägliche Belastungen, die Risiken bergen. Wenn Sie sich zu wenig oder falsch bewegen beziehungsweise Ihre Wirbelsäule über längere Zeit fehl- oder überbelasten, kann ein Bandscheibenvorfall drohen. Hinzu kommen bestimmte körperliche Voraussetzungen, die das Risiko eines Bandscheibenvorfalls erhöhen. Dazu gehören Übergewicht oder/und eine schwache Rumpfmuskulatur. Auch Diabetiker und Raucher gehören zur Risikogruppe.

Muss ich auf Sport nach einem Bandscheibenvorfall verzichten?

Nein. Im Gegenteil: Sport ist wichtig für den Muskelaufbau zur Entlastung Ihrer Wirbelsäule nach einem Bandscheibenvorfall. Allerdings sollten Sie den richtigen Zeitpunkt und die richtige Sportart wählen. In der ersten Phase des akuten Schmerzes sollten Sie keinen Sport betreiben. Nach einigen Wochen – je nach Absprache mit Ihrem zuständigen Arzt – raten wir zu Sport unter orthopädischer und physiotherapeutischer Aufsicht. Dafür erhalten Sie Ihren individuellen Trainingsplan mir den richtigen Übungen. Wenn Sie Ihrer Lieblingssportart so schnell wie möglich wieder nachgehen möchten, sprechen Sie mit Ihrem Orthopäden über den Einstiegszeitpunkt und den langsamen und kontrollierten Wiedereinstieg.

Nun zum 3. großen Krankheitsbild. Welche Symptome deuten auf eine Kalkschulter hin? Woher weiß ich, dass es keine andere Schultererkrankung ist?

Die Art Ihrer Schultererkrankung diagnostizieren wir mittels Sonographie und MRT. Starke Schmerzen und eine deutliche Bewegungseinschränkung, beispielsweise kaum noch ausführbare Abduktion (seitliches Wegführen/Abspreizen des Arms), sind häufige Symptome für eine Kalkschulter. Zahlreiche Patienten berichten von einem akut über Nacht auftretendem Schmerz.

Es gibt 4 Phasen, die man bei einer Kalkschulter-Erkrankung unterscheidet:

1. Phase – Zellumwandlung

In der beginnenden Krankheitsphase erfolgt eine Umwandlung des Schultersehnen-Gewebes in Faserknorpel. In dieser Zeit haben Sie noch keine Schmerzen. Außerdem erkennt man diese Umwandlung auf dem Röntgenbild nicht

2. Phase – Verkalkung

In der 2. Phase lagert Ihr Körper Kalk in das absterbende Faserknorpel-Gewebe ein. Zu diesem Zeitpunkt lässt sich die Kalkschulter genau auf dem Röntgenbild erkennen. Es treten häufig starke Schmerzen auf, die bis zur vollständigen Unfähigkeit, die Schulter zu bewegen, führen können.

3. Phase – Resorption

In dieser Phase kommt es zur Auflösung des eingelagerten Kalks. Aufgrund einer oftmals begleitenden Schleimbeutel-Entzündung im Schultergelenk ist diese Phase sehr schmerzhaft für Sie.

4. Phase – Reparatur

In der letzten Phase kommt es zur Umwandlung in normales Sehnengewebe. Die bisherigen Kalkdepots sind entweder sehr geschrumpft oder nicht mehr nachweisbar. Nichtsdestotrotz können weiterhin Schmerzen in dieser Phase auftreten.

Die akuten Schmerzphasen variieren je nach Patienten – von einigen Tagen über Wochen hinweg bis hin zu Monaten. Mit unserer Stoßwellentherapie und Kortisonbehandlung setzen wir direkt in der ersten Phase an.

Welche Therapien gibt es für die Kalkschulter?

In den akuten Phasen der Kalkschulter arbeiten wir mit Schmerzmittel-Injektionen direkt ins Schultergelenk. Außerdem setzen wir mit einer Stoßwellentherapie gezielt Impulse an den richtigen Stellen der Schulter. Die hochenergetischen Wellen regen die natürliche Heilungsreaktion Ihres Körpers an, da sie die Durchblutung steigern und das Gewebe-Wachstum fördern. Wir setzen also auf eine konservative Therapie bei der Kalkschulter. Dabei wird ein Messgerät auf der Schulter platziert, dass eine Stoßwelle direkt ins Gewebe schickt. Sie stößt bis zur Entzündung vor – d.h. bis zum Gewebe, zum Knochen, zu den Sehnen, in die Muskel oder in den Schleimbeutel. Die genaue Stelle vermessen wir vorab mittels Sonographie. Der Prozess dauert nicht mehr als 5min. Begleitend erhalten Sie entzündungshemmende Medikamente.

Warum hat man bei einer Kalkschulter oft Schmerzen bis hinunter in die Finger?

Sie haben bei einer Kalkschulter Schmerzen bis hinunter in die Hand, weil Nerven von der Halswirbelsäule an der Schulter vorbeilaufen und bis hinunter zu den Fingern reichen. Da die Schulter „auf dem Weg“ dieser Nerven liegt, strahlen Ihre Schmerzen aus.

Wie lange dauert es, bis sich eine Kalkschulter vollständig regeneriert?

Ohne Therapie kann es bis zu 1 Jahr dauern, bis sich die Kalkschulter wieder vollständig regeneriert hat. Mit den entsprechenden Behandlungsmethoden können Sie bereits nach 3-6 Wochen wieder schmerzfrei werden.

Vielen Dank für Ihre Zeit, Herr Dr. Ebner.

Sehr gerne.

Über den Autor: Dr. Marc Ebner

Dr. med. Marc Ebner, versierter Orthopäde und Unfallchirurg, betreibt mit seiner Frau Dr. med. Talea Eber seit 2021 eine Privatpraxis in Frankfurt. Seine Ausbildung erhielt er an der Universitätsklinik Frankfurt und der Hochtaunus Klinik in Bad Homburg.

Dr. Ebner ist spezialisiert auf innovative Behandlungsmethoden in der Orthopädie und Unfallchirurgie. Ein Schwerpunkt seiner Praxis liegt auf moderner bildgebender Diagnostik, insbesondere auf dem Einsatz von MRTs, um seinen Patienten eine präzise und umfassende medizinische Betreuung zu bieten – weit über die Grenzen der traditionellen Kassenmedizin hinaus.

Dr. Marc Ebner